Wolfgang
Schulze
Person, Klasse, Kongruenz -
Fragmente einer Kategorialtypologie
des einfachen
Satzes in den ostkaukasischen
Sprachen
München / Newcastle 1998 - : LINCOM
Europa
Die einzelnen
Bände: |
Band 4: Kasus: Die Grammatikalisierung
aktantiellen Verhaltens (2000)
ISBN 3 89586 187 1 |
Band
1: (in zwei Teilen): Die Grundlagen. München/Newcastle:
LINCOM Europa 1998.
Teil 1: ISBN 3 89586 184 7
Teil 2: ISBN 3 89586 552 4 |
Band 5: Von Szenen und Szenarien
(2001)
ISBN 3 89586 188 X |
Band 2: Die Person (1999)
ISBN 3 89586 185 5 |
Band 6: Systemraum und Systemzeit
(2001)
ISBN 3 89586 189 9 |
Band 3: Klassifikation und
Gewichtung (2000)
ISBN 3 89586 186 3 |
Band 7: Modalisierung (2002)
ISBN 3 89586 190 1 |
Abstracts |
|
Zur
Reihe PKK:
Die auf insgesamt sieben Bände projizierte Reihe "Person,
Klasse, Kongruenz - Fragmente
einer Kategorialtypologie des einfachen
Satzes in den ostkaukasischen Sprachen" ist der Mor-
phosyntax, Morphosemantik und Pragmatik des "einfachen Satzes"
in den etwa 30 autochtho-
nen Sprachen des Ostkaukasus gewidmet. Auf der Basis einer umfassenden
und möglichst
vollständigen Deskription der relevanten paradigmatischen
Architekturen, die in technischer
Hinsicht durch eine mittelstarke (vornehmlich suffigierende)
Agglutination mit Tendenzen zu
flektierenden bzw. fusionierenden, z.T. polysynthetischen Verfahren
gekennzeichnet sind,
erfolgt die Explanation dieser Architekturen und ihrer Co-Paradigmatisierungen
auf der Basis
eines sprach- bzw. grammatisch-theoretischen Modells, das als
"Grammatik von Szenen und
Szenarien" (GSS) bezeichnet wird. Dieses Modell vermutet, daß
Strukturen des "einfachen
Satzes" als basalste Form der sprachlich- kommunikativ ausgerichteten
Verarbeitung von
Sachverhaltsvorstellungen den Kernbereich der prototypischen
Organisation von sprachlichen
Systemen darstellen, weshalb ihrer Deskription und Explanation
ein besonderer Stellenwert
zukommt.
Die GSS versucht, die Grammatik einer
Sprache aus dem kognitiven und dem - eben-
falls in der Kognition verankerten - kommunikativen Tun eines
in einem Kollektiv eingebun-
denen Individuums zu erklären, wobei dieses Tun über
massive Hypothesen einer Eigenbin-
dung des Individuums an das Kollektiv eine hochgradig ritualisierte
(dem Habitus des Kol-
lektivs entsprechende), aber konstruierende Interaktion mit adäquaten
Umweltreizen darstellt
und in Form einer taciten (poiematischen) bis artikulierten (pragmatischen)
Nutzung tradierter
und erworbener Wissenssysteme zur kommunikativen Reaktion auf
Sachverhaltsvorstellungen
von statten geht.
Sprachliches Tun stellt in dieser Hinsicht
die individuelle Reaktion auf eine kollektive
kommunikative und kognitive Norm dar, die im wesentlichen eine
historische Begründung
erfährt. Hieraus folgt für die GSS, daß "Sprache"
als metaphysisches, d.h. das Individuum
transzendierendes Phänomen einen hochgradig anachronistischen
Charakter hat, weshalb
funktionale und semantische Aspekte der Architektur von Sprache
vornehmlich über einen
diachronen Zugang zu erklären sind, auch wenn die Potenz
zur synchronen Adaption von neu
etablierten kommunikativen und kognitiven Routinen eine nicht
zu unterschätzende Rolle
spielt.
Der Ansatz der GSS führt letztlich
zu einer dem holistischen Kognitivismus, Kon-
struktivismus und Pragmatismus verpflichteten, stark diachronen
Sichtweise von Sprache, die
modulare Strukturen nur als sekundäre Konstruktionsmodelle
von Sprechern über ihre Spra-
che akzeptiert. Als primär wird die strukturelle Kopplung
von adäquaten Netzwerkkompo-
nenten der Kognition gesehen, die "Sprache" als komplexes "Ereignis",
als emergente Akti-
vität dieses polyzentrischen Komplexes zur Folge hat.
Die sprachliche Reaktion auf Sachverhaltsvorstellungen
ist der GSS zufolge in erheb-
lichem Umfang an die kognitiven und kommunikativen "Vorgaben"
derartiger Ereignisse ge-
koppelt. Dabei wird eine zum Teil hochgradig metaphorisierte
Korrelation zwischen der ko-
gnitiven und kommunikativen Architektur von sprachlich orientierten
Sachverhaltsvorstellun-
gen ("Szenen" bzw. - in ihrer textuellen Kopplung - "Szenarien")
und ihrer Grammatikalisie-
rung über das "Betriebssystem" einer Sprache vermutet. Die
Architekturen von Szenen (bzw.
hieraus abgeleitet Szenarien) stellen vornehmlich aus Raum- bzw.-
Zeiterfahrungen sowie aus
der "Verkörperung" von Umwelterfahrungen heraus metaphorisierte
und stark ritualisierte
Systeme dar, die durch Parameter der Figure-Ground- bzw. von
Ursache-Wirkungs-
Beziehungen und ihrer Situierung in den deiktischen (lokalen),
kommunikativen bzw. prag-
matischen Systemraum und in die Systemzeit sowie durch weitergehende
Modalisierungs-
strategien gekennzeichnet sind. Ihre sprachliche Manifestation
in Form von Betriebssystemen
als Steuerungszentrum der dynamischen Organisation sprachlicher
Paradigmata liefert die
typologischen Parameter zur Explanation der Architektur "einfacher
Sätze". Ihre Diversifika-
tion in Form von unterschiedlichen und prototypisch organisierten
grammatischen Systemen
wird vor allem als historisch bedingte und über kollektive
Erfahrungen systematisierte Parti-
kularisierungen universeller Kategorisierungsverfahren in Bezug
auf die Szenen- bzw. Szena-
rienorganisation interpretiert.
Die Reihe "Person, Klasse, Kongruenz"
(PKK) ist bestrebt, die Gesamtheit der ost-
kaukasischen Verfahren der Grammatikalisierung von Szenen und
Szenarien einer Explanati-
on anhand einer sich aus der GSS ergebenden Kategorialtypologie
zu unterwerfen. Ziel ist
einerseits eine typologisch orientierte Deskription der jeweiligen,
prototypisch organisierten
Betriebssysteme, wobei neben der Darstellung der synchronen Architekturen
in formaler und
funktionaler Hinsicht dem diachronen Aspekt als Basis für
die Explanation der systeminternen
Dynamiken eine hervorragende Rolle zukommt. In dieser Hinsicht
ist die Reihe PKK auch als
Versuch einer historischen Grammatik der ostkaukasischen Sprachen
bzw. als Versuch einer
Rekonstruktion des Betriebssystems des Proto-Ostkaukaukasischen
und der Zwischengrund-
sprachen zu verstehen. Andererseits sollen die systemtranszendenten
Bedingungen der ost-
kaukasischen Betriebssysteme synchron und diachron in Hinblick
auf die Fragestellungen der
GSS erarbeitet werden, womit gleichzeitig der Versuch einer Evaluation
der sprach- und
grammatisch-theoretischen Hypothesen der deduktiven Bereiche
der GSS verbunden ist.
Die Reihe PKK versteht sich also einerseits
als Entwurf eines (mit allen gebotenen
Vorbehalten) konstruktivistischen Modells von Sprache und richtet
sich dem entsprechend an
Interessenten sprach- und grammatisch-theoretischer sowie typologischer
Fragestellungen.
Andererseits wendet sie sich in ihrer Empirie an Personen, die
speziell an den Architekturen
der autochthonen ostkaukasischen Sprachen bzw. an deren Einbettung
in eine Allgemeine
Sprachtypologie interessiert sind. (top)
Band
1 (in zwei Teilen): Die Grundlagen
München/Newcastle 1998: LINCOM Europa, xxx, 685 Seiten.
(LINCOM studies in Caucasian linguistics, 04)
Im Band 1 der Reihe PKK werden die zentralen Fragestellungen und
sprach- bzw. gramma-
tisch-theoretischen Hypothesen, die der Reihe PKK zugrunde liegen,
ausgearbeitet und dieje-
nigen Voraussetzungen beschrieben, die für die Folgebände
maßgeblich sind. Kapitel I
("Prolegomenon zu einer holistischen Sprachtheorie") behandelt
überblicksartig die wichtig-
sten Fragestellungen einer konstruktivistisch orientierten Sprachtheorie,
wobei folgende
Punkte besonderer Berücksichtigung finden: Sprache zwischen
Kognition und Kommunikati-
on; Synchronie, Diachronie und Anachronismus von Sprachsystemen;
Sprache und Gramma-
tik; Pragmatik, Poiematik und Somatik. Zugleich liefert Kapitel
I eine kurze forschungsge-
schichtliche Einbettung des vorgestellten interpretativen Paradigmas.
Die in diesem Kapitel
angesprochenen Aspekte werden in Kapitel III und IV konkretisiert:
Kapitel III stellt den Ent-
wurf der Voraussetzungen für eine Kategorialtypologie dar,
so, wie sie für die Reihe PKK
maágeblich ist. Nach einer ausführlichen Erörterung
der Architektur linguistischer Paradig-
mata werden diese in Beziehung gesetzt zu kognitiven Verfahren
der Kategorisierung, wobei
Fragen einer prototypischen Organisation als Konstruktionsmuster
für Kategorien eine beson-
dere Bedeutung zukommt. In einem Folgeschritt wird die kategorielle
Strukturierung von
sprachlich orientierten Sachverhaltsvorstellungen und ihre Abbildung
in Form von "einfachen
Sätzen" diskutiert, wobei von der Annahme ausgegangen wird,
daß die sprachliche Reprä-
sentation solcher Sachverhaltsvorstellungen zwar über basale
universelle Muster der Katego-
risierung definiert werden, aber einzelsprachlich und in Abhängigkeit
vom Tradierungshinter-
grund und dem Habitus einer Sprechergemeinschaft erheblich partikularisiert
erscheinen.
Hieraus ergibt sich abschließend der erste Entwurf einer
Typologie von Sachverhaltsvorstel-
lungen, die einen zentralen Baustein der "Grammatik von Szenen
und Szenarien" (GSS) dar-
stellt.
Die GSS selbst wird in ihren Grundzügen
in Kapitel IV ausgearbeitet. Nach einer Ein-
ordnung von Grammatik im Spannungsverhältnis zwischen Individuum
und Kollektiv und
einer Diskussion der Fragen der Formalisierbarkeit von Grammatik
überhaupt werden basale
Aspekte der Architektur von "Szenen" und ihrer Instantiierung
über sprachliche Betriebssy-
steme angesprochen. Hierzu zählen vor allem Kausalität
und ihr metaphorische Emergenz aus
Figure-Ground-Beziehungen, Gradierungen der Kausalität als
Basis für eine skalare und dy-
namische Aktantentypologie, die Interaktion von Kausalitäts-
und Figure-Ground-
Beziehungen mit dem seriellen Informationsfluß (Topic-Comment-Gliederungen
usw.) sowie
die Rolle von indirekt in ein Kausalitätsverhältnis
involvierten Aktanten ("Statisten"). Damit
ist schließlich die Frage nach der minimalen und maximalen
Ausstattung von Szenen abge-
sprochen, die sowohl die Quantität von Aktanten als auch
die Art ihrer Ausstattung mit
"Requisiten" (Attribuierung) betreffen.
Der zweiten Teil dieses Kapitels ist
der Grammatikalisierung von szenischen Kon-
struktionsmustern in Form sprachlicher Betriebssysteme gewidmet:
Die prototypische Organi-
sation von Betriebssystemen wird anhand einer Typologie einzelsprachlicher
Belege unter-
schiedlichster Provenienz vorgestellt, wobei ihrer Ansiedlung
auf dem Akkusativ-Ergativ-
Kontinuum (AEK) eine besondere Bedeutung zukommt. Die GSS schlägt
diesbezüglich eine
vereinheitlichte Theorie des AEK vor, wobei Split-Erscheinungen
(A-Split, O-Split usw.) als
partikularisierte Reaktionen auf die auf die szenische Topologie
bzw. die Semantik und Prag-
matik aktantieller und relationaler Größen beschrieben
werden. Die Manipulation der szeni-
schen Topologie in Form von Perspektivierungsverfahren ("Diathesen"
usw.) erfahren eine
weitergehende Erörterung, bevor die zentrale Rolle der Zentrierung
von Sachverhaltsvorstel-
lungen in Bezug auf Sprechaktteilnehmer diskutiert wird. Hierbei
wird der Versuch einer
vorläufigen kognitiven und kommunikativen Begründung
der Kategorie "Person" und der
paradigmatischen Reaktion von Betriebssystemen auf diese Kategorie
unternommen, der für
den Folgeband (PKK II "Die Person") maßgeblich werden wird.
In einem "Ausblick" werden
schließlich zentrale Momente der Szenenverkettung zu "Szenarien"
und die Rolle, die Be-
triebssysteme in der Etablierung sprachlicher Kotexte und auáersprachlicher
Kontexte spielen,
angesprochen.
Eingebettet in die Diskussion der sprach-
und grammatisch-theoretischen Begründung
der GSS ist Kapitel II, das den Gegenstand der Empirie, also
die ostkaukasischen Sprachen,
kursorisch vorstellt. Nach einer Diskussion der Relevanz areallinguistischer
bzw. arealtypolo-
gischer Hypothesen für das Sprachgebiet werden die hier
mit 29 angesetzten ostkaukasischen
Sprachen in arealer Hinsicht genauer charakterisiert, bevor die
für den Ansatz der GSS unab-
dingbare, diachrone Dimension der Ausgliederung der ostkaukasischen
Sprachgruppen bzw.
Einzelsprachen aus dem proto-ostkaukasischen Dialektkontinuum
angesprochen wird. Ab-
schließend werden die Grundlagen einer Standardtypologie
der ostkaukasischen Morphosyn-
tax vorgestellt (Nominalflexion, Nominalklassifikation, Personalität,
Verbum, Syntax usw.).
Diese Darstellung ist umrahmt von zwei Textanalysen: Zum einen
wird eine bislang nicht
edierte kryzisch-udische Erzählung kontrastiv analysiert,
zum anderen erfährt ein aghulischer
Text eine ausführliche und exemplarische Erörterung,
die in ihrer Orientierung schon auf den
Ansatz einer GSS verweist. (top)
Inhaltsverzeichnis
Vorbemerkungen viii
Abkürzungsverzeichnis xix
Konventionen xxiii
Zur Umschrift xxv
Inhaltsverzeichnis xxvii
I - Prolegomenon zu einer "holistischen" Sprachtheorie
0. Exkurs: šber das Eigentliche der Sprache
1
1. Sprache zwischen Kommunikation und Kognition
3
1.1 Vorbemerkungen 3
1.2 Konkretisierung 9
2. Das Bett der Geschichte
20
3. Folgerungen 42
4. Synchronie und Diachronie
63
5. Sprachsystem als Anachronismus 68
6. Sprache und Grammatik 82
7. Pragmatik, Poiematik, Somatik 94
8. Coda 111
II - Sprachen im Areal und die ostkaukasischen Sprachen
1. Sprachen im Areal 115
2. Der Ostkaukasus als linguistisches Areal
127
3. Die Sprachen des ostkaukasischen Areals
134
3.1 Die einzelnen Sprachgruppen 135
3.1.1 Naxisch 135
3.1.2 Die Daghestan-Sprachen 140
3.1.2.1 Awaro-Andisch 140
3.1.2.2 Cezisch 148
3.1.2.3 Lako-Dargwa 151
3.1.2.4 Lezgisch 155
3.2 Vorgeschichte 169
3.3 Der "areale Typ" der ostkaukasischen Sprachen
187
3.3.1 Vorbemerkungen 187
3.3.2 "Der Spatz als Händler" 191
3.3.3 Der "kanonische Typ" 206
3.3.3.1 Nominalflexion 210
3.3.3.2 Nominalklassifikation 220
3.3.3.3 Personalität 233
3.3.3.4 Zur Morphologie des Verbs 238
3.3.3.5 Der syntaktische Typ der OKS
244
3.3.4 "Die Tochter des Kaufmanns" 248
III - Kategorialtypologie
1. Vorbemerkungen 271
2. Von Paradigmata und Kategorien 276
2.1 Zur Architektur von Paradigmata 276
2.1.1 Vorbemerkungen 276
2.1.2 Die Struktur linguistischer Paradigmata
283
2.2 Auf dem Weg zur Kategorie 292
2.2.1 Vorbemerkungen 292
2.2.2 Prototypische Strukturen 298
2.3 Das Zusammenspiel 308
2.3.1 Zur "Realität" linguistischer Kategorien
308
2.3.2 Die konnektionistische Einbettung
317
3. Kategorialtypologie des "einfachen Satzes"
334
3.1 Kategorialtypologie 334
3.1.1 Kategorien im Netzwerk 334
3.1.2 Universelle und partikulare Kategorien
341
3.2 Zur Typologie von Sachverhaltsvorstellungen
351
3.3 Ausblick 384
IV - Fragmente einer "Grammatik von Szenen und Szenarien"
1. Grammatik zwischen Individuum und Kollektiv
395
2. Formalismen 413
3. Zur Konzeption einer "Grammatik von Szenen und Szenarien"
426
4. Szenen und Szenarien 435
4.1 Vorbemerkungen 435
4.2 Basisarchitekur 445
4.2.1 Kausalität 445
4.2.2 Gradierung 457
4.2.3 Attention flow 491
4.2.4 Von Statisten und Requisiten 511
4.3 Grammatikalisierung 531
4.3.1 Betriebssysteme 531
4.3.2 Perspektivierung 557
4.3.3 Zentrierung 575
5. Ausblick 601
Bibliographie 609
Sachindex 671
Personenindex 676
Sprachindex 684
Top
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