Linguistische Kategorien drücken sich als sprachliche Zeichen aus, wobei die Signifiant-Seite lexikalisch, phonologisch, prosodisch, morphologisch und/oder syntaktisch artikuliert sein kann.
Beispiel (Beispiel 'Phon.' konstruiert):
Lexikalisch: du gehst in die Stadt, näch
Phonologisch: *du gEIst in die Stadt
Prosodisch: du gehst in die Stadt
Morphologisch:
şehir-e | gid-iyor(-)mu-sun |
town-DAT | go-PRES(-)INT-2SG |
Syntaktisch: Gehst du in die Stadt
Verteilung der basalen Typen nach WALS:
Linguistische Kategorien bilden kontextuelle und kotextuelle Größen ebenso ab wie die basalen Eigenschaften der 'Semantik' eines Satzes.
BEISPIEL (Auswahl):
Typen: | Basale Eigenschaften | Kontext | Kotext |
Grammatische Relationen | ZEIT/ASPEKT | KASUS | |
(KASUS) | MODUS | AGREEMENT | |
(ALIGNMENT) | LOKALISIERUNG | (DIATHESE) | |
DIATHESE | (NUMERUS) | ||
NUMERUS | |||
GENUS/KLASSE | |||
(PERSON) |
Die Basisstruktur einer Ereignisvorstellung:
These: Jede basale Ereignisvorstellung ist (metaphorisch gemeint) szenisch strukturiert (Bühnen-Modell, stage model):
→ Eine Szene ist die kleinste strukturierte Ereignisvorstellung.
→ Der Betrachter (Konstrukteur oder Regisseur), d.h. die Kognition des Sprechers steht i.d.R. vor der Bühne und konstruiert die Szene.
Basale Ausstattung:
Akteure sind die 'Schauspieler', also potentielle Rollenträger.
Kognitiv: Zeitstabile (s.o.) Einheiten oder Vorstellung von 'permanenten Objekten'
Alternativer Terminus: Referent ~ Referentielle Einheit (ℜ)
Nota: Wahrnehmbar sind (wie auf der Bühne) ausschließlich Referenten!
These: Jede Szene hat prototypisch (!) mindestens zwei Akteure.
[Vgl. hierzu ausführlicher: /WS0809/cogtrans.pdf]
Jede Szene wird vom Betrachter/Konstrukteur aus mit einem Nah- und einem Fernbereich konstruiert (Figure → Ground oder Vordergrund (V) → Hintergrund (H)):
Die Agonisten einer Szene werden in der Regel nach Vordergrund und Hintergrund positioniert:
Nota: Die Zahl der (diskreten, d.h. spezifizierten, sich von einander unterscheidenden) Agonisten ist einer Szene in der Regel begrenzt (auf max. +/-7).
Schwer verarbeitbar wäre (in mündlicher Sprache!) eine Szene des Typs (9 ℜ's!):
[Die Frau]ℜ fuhr [mit ihrem Mann]ℜ [am letzten Freitag]ℜ [in ihrem Kleinwagen]ℜ [mit Tempo]ℜ und [mit Absicht]ℜ [über den Gehsteig]ℜ [im Stadtzentrum]ℜ [nahe der Ludwigstraße]ℜ.
In Standardszenen wird bei zwei Agonisten in der Regel einem die Rolle des Protagonisten zugewiesen. Der zweite Agonist kann zum Antagonisten werden, wenn er das 'Zustandekommen' der Ereignisvorstellung durch Einbringen einer 'Gegenkraft (counter force, cFo) 'behindert':
Etwa:
Die Frau | schnitt | das Brot |
Protagonist | Agonist |
Aber (Stellung künstlich harmonisiert):
Die Frau | schaffte=durchzuschneiden | das Brot |
Protagonist | Antagonist | |
Fo | cFo |
Auf der Bühne positionierte Akteure werden in Beziehung zu einander gesetzt (Gestaltgesetz!):
Etwa: Wenn ich sage (hier also schon versprachlicht):
konstruiere ich (oder konstruiert der Hörer) automatisch eine Beziehung zwischen <FRAU> und >KIND<
e.g.
die Frau | sieht | das Kind |
die Frau | liebt | das Kind |
die Frau | bekommt | ein Kind |
Die Beziehung zwischen zwei Akteuren stellt den (Ereignis-)Relator dar (→),
also: ℜ → ℜ
Dabei ist wichtig: Kein Relator kann an sich wahrgenommen werden, nur in der Veränderung der Eigenschaften/Position etc. der Akteure (sog. kognitive Sakkade [Blindheit], gegen Fixation der Referenten [Wahrnehmung]).
Relatoren sind in der Regel gerichtet, d.h. wenden sich von einem zu einem anderen Akteur:
oder:
Etwa:
Strukturelle Ikonizität EV→Sprachlicher Ausdruck:
Agonisten/Referenten erscheinen sprachlich als Nominalphrasen (NP)
Relatoren erscheinen sprachlich als Verbalphrasen (VP)
Nota: Phrasen können Ø (selten!) bis viele 'Lexeme' beinhalten (wieder gilt aber +/- 7!)
oder:
Zur Konstruktion von Ereignisvorstellungen (als Szenen) stehen dem Regisseur 'Rollen-Vorhaben' zur Verfügung, d.h. Rollen, die die einzelnen Akteure in der Szene einnehmen:
Etwa:
Basis: Prototypisches Rollen-Inventar (entspricht linguistisch mehr oder minder Inventar 'Semantischer Rollen', auch 'Tiefen-Kasus')
Beispiel (!!!) für Rollen-Inventar [VanValin& LaPolla 1997 ('Syntax')]
Beispiele:
NOTA: Manche Akteure qualifizieren sich gern für bestimmte semantische Rollen, etwa:
<ICH> | AGENS |
<DORF> | LOKATIV |
<HAUS> | PATIENS ~ LOKATIV |
<STUNDE> | LOKATIV |
NOTA: Die Rollen-Vorgabe erfolgt durch die Ereignisvorstellung, ist also primär nicht im Belieben des Regisseurs!
Folgende "Ereignismuster" sind häufig:
AG | → | PAT | [→ LOC] |
AG | → | ADR | [→ PAT] |
AG | → | LOC | |
AG [→ INSTR] | → | PAT | |
PROC | → | [LOC] |
Vereinfacht gesagt: Regisseur setzt die Akteure in eine mit den für einen Typ der Ereignisvorstellung kennzeichnenden Rollen-Raum:
Etwa:
Der Regisseur platziert die mit Rollen versehenen Akteure auf verschiedenen Positionen der Bühne (und damit zueinander → Syntax):
Etwa:
Oder:
Grundlage: Vordergrund-/Hintergrund-Schematisierung der Szene (← Figure/Ground)
Tendenz:
Im Vordergund steht, was dem Regisseur 'näher' ist, hervorstechender, markierter, begrenzter, wichtiger (salienter), bekannter oder sonstwie 'prominenter' ist.
Im Hintergrund steht, was dem Regisseur weniger 'nah' ist, weniger hervorsticht, weniger begrenzt, wichtig oder weniger 'bekannt' ist (usw.)
Der Hintergrund kann mehrfach gegliedert sein (multiple grounding), etwa:
Etwa: Der Hund jagt die Katze in das Haus.
Also:
Oder: die Katze wird vom dem Hund ins Haus gejagt.
Nota: Im Gegensatz zu semantischen Rollen sind syntaktische Funktionen/Rollen sind eher wählbar. Sie zeigen vor allem 'Prominenz' an, so, wie sie der Regisseur konstruiert.
Terminologisch:
Primäre Prominenz = Vordergrund (Figure) | → | Subjekt |
Sekundäre Prominenz = Hintergrund (Ground) | → | Objekt |
Aber: Nicht jede Sprache erlaubt syntaktische Umstellung (Manipulation der Szene!).
Mittel der Umstellung: DIATHESE (e.g. Passiv und andere!)
Sprachen ohne Diathese-Option heißen gerne 'role dominated' (d.h. die semantische Rolle ist entscheidend(er)).
Sprachen mit Diathese-Option (also Subjekt/Objekt-Funktion) heißen gerne 'reference dominated' (d.h. der Bezug (reference) auf die Position in der Szene ist veränderbar).
Veränderung in der Positionierung von Akteuren nach Vordergrund/Hintergrund kann entscheidend sein für die Art der Szenenverknüpfung in Szenario:
Wichtig hier: Wenn ein Akteur in mehr als einer Szene aufscheint und er in der ersten Szene den Vordergrund besetzt, sollte er auch in der nachfolgenden Szene den Vordergrund besetzen (Art des sog. referential tracking):
Etwa:
Der Hund (V) läuft ins Haus (H) | und | [er] (V) beißt die Katze |
AG → LOC | & | AG → PAT |
Wenn aber 'die Katze den Hund beißt', dann steht eher:
Der Hund (V) läuft ins Haus | und | [er] (V) wird gebissen von der Katze |
AG → LOC | & | PAT → AG |
Also:
Die Diathese (Subjekt-Zuweisung) dient hier (!) also der Vordergrund-Harmonisierung:
Beispiel:
Ergo:
Der Mann kam in die Stadt, wurde vom Polizisten verhaftet und vom Richter verurteilt.
und nicht
*Der Mann kam in die Stadt, der Polizist verhaftete ihn und der Richter verurteilte ihn.
Beispiel:
Nota: Subjekt-Harmonisierung ist nur eine (!) mögliche Funktion der Diathese (dazu später!). Sprachen, die über eine Strategie der Subjekt-Harmonisierung operieren könne, heißen 'Pivot-Sprachen'.
Grundlage: Der Regisseur kann bestimmte Akteure besonders hervorheben, d.h. in den 'Höhepunkt' des Aufmerksamkeitsbereichs stellen.
Welcher Akteur dies ist, bleibt in der Wahlfreiheit des Regisseurs ('Fluid').
Kriterien sind: Erzeugen einer besonderen Aufmerksamkeit (oft 'der ist es/so/da…, der, kein anderer [kontrastiv]).
Welcher Akteur in einer Szene pragmatisch markiert werden kann, ist bisweilen einzelsprachlich geregelt und abhängig von seiner semantischen und syntaktischen Rolle/Funktion.
Verfahren:
'Spot light' der Szene:
Etwa:
Etwa:
Versprachlicht etwa: Der Hund sieht die KATZE!
Es ist die Katze, die der Hund sieht!
Oder:
Versprachlicht etwa: Der HUND Sieht die Katze!
Es ist der HUND, der die Katze sieht!
Technisch liegt oft diee 'Extraposition' (Heraushebung) eines Akteurs vor, sprachlich z.B. durch Herauslösung aus dem Satz:
→ Das herausgelöste Element steht im CLEFT
→ Wenn der CLEFT nicht satzwertig ist, e.g. ohne Kopula, dann handelt es sich um einen Pseudo-Cleft:
Vgl.
CLEFT | [C'est l'homme] qui a vu le chien. |
PSEUDO-CLEFT | [L'homme] il a vu le chien. |
[Quant à l'homme] il a vu le chien. |
Typische pragmatische Funktionen/Rollen sind:
Fokus: | Das oft kontrastive Herausheben einer Einheit. |
Topik: | Die Markierung einer Einheit als 'Gegenstands', in Bezug auf den eine Ereignisvorstellung (→ Äußerung) konstruiert wird. |
Given Topic (gTop): Eine Einheit, die schon vorher in demselben Szenario eingeführt worden ist. | |
New Topic (nTop): Eine Einheit, die neu eingeführt wird. | |
Resumed Topic (rTop): Eine Einheit, die in einem vorangehenden, anderen Szenario eingeführt worden ist. |
Ausgangspunkt:
Etwa:
Rolle | Ausdruck(Kodierung) | |
AG | Form/Struktur a | |
<HUND> | SUBJ | Form/Struktur b |
nFOC | Form/Struktur c |
sondern eher:
Vgl. Deutsch: der Hund sieht eine KATZE
In der Versprachlichung ist die Verschmelzung der drei Rollen-Typen kategorisiert als grammatische Relation (oder: relationale Primitive (RP)):
Kürzel | Name | SEM | SYN | PRA |
S | Subjective | AG~PROC usw. | V | Wählbar |
A | Agentive | AG/CAUSE | V oder H | Wählbar |
O | Objective/EFFECT | PAT~ADR/EFFECT | V oder H | Wählbar |
IO | Indirect Objective | ADR | H oder V | Wählbar |
IA | Indirect Agentive | INSTR | H | Wählbar |
LOC | Locative | LOC | H | Wählbar |
AO~OA | Agentive-Objective | CAUSEE | H | Wählbar |
BASISSCHEMA der relationalen Primitive:
Nicht-Kausal | = | Intransitiv | S | → | [LOC] |
Kausal | = | Transitiv | A | → | O |
Also zum Beispiel (Deutsch):
ℜ | → | ℜ | ℜ |
Das Kind (S) | spielt | im Garten (LOC) | |
Das Kind (S) | weint | Ø (LOC) | |
Die Mutter (A) | tröstet | das Kind (O) | |
Der Vater (A) | gibt | dem Kind (IO) | das Buch (O) |
Die Mutter (A) | scheidet | das Brot (O) | mit dem Messer (IA) |
Das Kind (S) | läuft | mit Krücken (IA) | |
Das Kind (S) | läuft | auf Krücken (LOC) | |
Der Vater (A) | hilft | der Mutter (IO~O) | |
Das Kind (A) | sieht | die Katze (O) | im Garten (LOC) |
Der Vater (A) | hilft | dem Kind (IO~O) | bei der Arbeit (LOC) |
Das Messer (IA>A) | schneidet | das Brot (O) |
NOTA:
' ~ ' zeigt an, dass eine alternative RP-Zuordnung möglich ist.
' X>Y ' zeigt, dass sich ein Referent wie ein Referent in RP-Funktion Y verhält, auch wenn er semantisch die Qualität Y nicht erfüllt, etwa:
O>S | Ein ℜ ist semantisch O, verhält sich aber (= wird kodiert) wie ein ℜ in S-Funktion in intransitiven Sätzen. |
A>LOC | Ein ℜ ist semantisch A, verhält sich aber (= wird kodiert) wie ein ℜ in LOC-Funktion. |
IA>A | Ein ℜ ist semantisch IA, verhält sich aber (= wird kodiert) wie ein ℜ in A-Funktion. |
NOTA: Zur Verteilung der RPs A, O, IO, IA:
A und IA bilden einen RP-'Raum' ab, ebenso wie O und IO. D.h. A und IA sind zu einander affiner als zu O und IO, und umgekehrt: O und IO sind zu einander affiner als zu A oder IA:
Etwa:
Die Frau (A) schnitt dem Mann (IO) eine Scheibe Brot (O) mit dem Messer (IA) ab.
Formal:
ℜ | ℜ | → | ℜ | ℜ |
[Die Frau] (A) | [mit dem Messer] (IA) | [schnitt ab] | [eine Scheibe Brot] (O) | [dem Mann] (IO) |
Prototypisch ist die Rollen-Qualifikation der Referenten/Akteure gegenläufig zur 'Kausalität':
Also eher:
der Mann [ANIM] (A) | zeigte | der Frau [ANIM] (IO) |
den Mond [-ANIM] (O) | mit einem Fernrohr [-ANIM (IA) |
Aber kaum möglich:
*der Stein [-ANIM] (A) | zerstörte | dem Auto [-ANIM] (IO) |
seinen Fahrer [ANIM] (O) | mit einem Freund (ANIM) (IA) |
Beide Typen der Affinität 'indirekter' RPs zu den Basis-RPs können grammatisch wirksam werden (dazu später mehr), also kombiniert:
Vgl.:
ZEIT-Bezug: Die Ereignisvorstellung wird eingebettet in:
Gedächtnisbezug | → | Vergangenheit |
Direkte Wahrnehmung | → | Gegenwart |
Vorstellung | → | Zukunft |
Präsens
Präsens in Vergangenheit → Imperfekt
Präteritum (PAST)
PAST (AORIST)
PERF
PLUPERF
FUTUR
Gradierung der Gewissheit/Vorstellung
FUTUR mit PERF (FUT2)
Daneben:
MODUS
Epistemisch: Modifikation des Wissens-/Wahrheitswertes
E.g. KONJUNKTIV, INTERROGATION, NEGATION
Deontisch: Aufforderung
E.g.: IMPERTAIV, HORTATIV usw.
ASPEKT
'Betrachtung' einer EV nach 'Vorlauf' (IMPERFEKTIV) oder 'Punktuell gegeben' (PERFEKTIV)
Nota: Große Varianz!
Kategorisierung: Die Welt der Referenten wird nach Kategorien eingeteilt, wobei diese Kategorien sprachlich abgebildet werden:
Meist: Morphologische Abbildung der wissensbezogenen Kategorisierung von Objektvorstellungen
[Daraus verallgemeinert]: Morphologisches Verfahren der lexikalischen Kategorisierung
E.g.: Nominalklassen im Ganda (Banto, Süd-Uganda)
mu-ganda | 'ein Ganda-Mensch' |
ba-ganda | 'Ganda-Menschen' [= Plural von mu-] |
bu-ganda | 'Ganda-Land' |
lu-ganda | 'Ganda-Sprache'„die Sprache der Ganda“ |
ki-ganda | 'für die Ganda kulturell relevante Objekte etc.' |
mu-ntu | 'Mensch' |
ba-ntu | 'Menschen' |
ka-ntu | 'kleines Ding' > 'Zwerg' |
gu-ntu | 'Riese' |
ga-ntu | 'Riesen' |
Die Nominalklassen des Proto-Bantu mit angenäherter Kategorisierung (Klassennummer nach Standarddeskriptionen, Sortierung nach singularischen Klassenzeichen):
Kategorisierung (angenähert) | SG | Klasse | PL | Klasse |
Kollektiva, daraus Eigenschaften, Abstrakta | bu- | 14 | ||
Orte, Ereignisvorstellungen | i- | 23 | ||
Eingeschränkt, auch Vergrößerung | γi- | 21 | ||
Eingeschränkt, auch Vergrößerung | γu- | 20 | γa- | 22 |
Von Standardgröße abweichend | ka- | 13 | tu- | 12 |
Körperteile, Insekten, Werkzeug, kult. Objekte | ki- | 7 | bi- | 8 |
Ereignisse; Körperteile | ku- | 15 | ||
Entfernterer Raum (around region) | ku- | 17 | ||
Elongierte Objekte und Metaphern hieraus | lu- | 11 | (l)i-n- | 10 |
Human, Verwandtschaft etc. | mu- | 1 | ba- | 2 |
Körperteile, Pflanzen, Tiere; Naturphänomene | mu- | 3 | mi- | 4 |
Ganz naher Raum (in region) | mu- | 18 | ||
Tiere, Körperteile, Werkzeug, [Menschen] | n- | 9 | (l)i-n- | 10 |
Körperteile, Pflanzen, Tiere; Naturphänomene, Negativ | (l)i- | 5 | ma- | 6 |
Naher Raum (at region) | pa- | 16 | ||
Einzelne Kleinheiten | pi- | 19 |
Nominalklassen Ostkaukasisch (rekonstruiert):
Kategorisierung | SG | PL |
Human,maskulin | *w- ~ *-w | *b- ~ *-b |
Human, feminine; Objekte etc. der 'Frauenwelt' | *r/y- ~ *-r/-y | *b- ~ *-b |
Sozial relevante nicht-Humana; Kinder | *b- ~ -*-b | *d- ~-d |
Sozial wenig(er) relevante nicht-Humana | *d- ~-d | *d- ~-d |
Nominalklassen Dyirbal:
Kategorisierung | Artikel (ABS) | ART-ABS-CL | Basismorphem |
Animate Maskulina und radial Verwandtes | bayi | < *ba-Ø-yi | *-yi (OBL -l) |
Animate Feminina und radial Verwandtes | balan | < *ba-la-n | *-n |
Essbares (vegetarisch) und Verwandtes | balam | < *ba-la-m | *-m |
Anderes | bala | < *ba-la-Ø | *-Ø |
Diptotische Systeme:
E.g.:
[HUMAN] | vs. | [nHUMAN] |
[ANIMATE] | vs. | [nANMATE] |
[MALE] | vs. | [nMALE] |
[MALE] | vs. | [FEMALE] mit radialer Übertragung |
[KOLLEKTIV] | vs. | [SINGULATIV] mit radialer Übertragung |
E.g. Semitisch (vereinfacht):
[KOLLEKTIV]: | *-Ø | → | Gross | → | Maskulin usw. |
[SINGULATIV]: | *-at- | → | Klein | → | Feminin usw. |
Erweiterung e.g. Indogermanisch:
Grammatisches Genus: Stark lexikalisch verteilte (konventionalisierte) Klassifikation, e.g. Deutsch
[MASKULIN] - [FEMININ] - [NEUTRUM]
Morphologische Markierungstechnik:
E.g.: Klasse: Bantu (siehe oben)
Swahili:
ki-su | ki-kubwa | ki-moja |
7-knife | 7-big | 7-one |
Genus:
Latein: amic-u-s bon-u-s, amic-a bon-a
b) nur beim Nomen (selten): E.g.: Latein
tres | amic-Ø-i | tres | *amic-a-i (> amicae) |
three | friend-M-PL:NOM | three | friend-F-PL:NOM |
'drei | Freunde' | 'drei | Freundinnen' |
E.g.: Klasse: Tschetschenisch
w-ika stag | (I-gut Mann) |
y-ika zuda | (II-gut Frau) |
y-ika öyla | (IV-gut Gedanke) |
d-ika čağar | (III-gut Wein) |
b-ika čam | (V-gut Appetit) |
Klasse: Dyirbal
ba-Ø-yi yaɽa | (ART-ABS-I Mann) |
ba-la-n ɗugumbil | (ART-ABS-II Frau) |
ba-la-m miraɳ | (ART-ABS-III Bohnen) |
ba-la-Ø yugu | (ART-ABS-IV Stock) |
Genus: Deutsch
d-er Mann, d-er Tisch |
d-ie Frau, d-ie Handlung |
d-as Kind, d-as Eisen |
Numerus:
SG → PL → DU → TRI ......
SET → SG (ind.) → PL → DU → TRI ......
Nota: Zum Teil gemischte Systeme, e.g. türkisch!
Basale Systeme:
Diptotisch (nur zwei Kasusformen)
Rectus
Obliquus
E.g.: Nord-Tolyshi (Nordwestiranisch)
ABS/NOM | -Ø | [rectus] |
OBL | -i | [multifunktional] |
Weitergehende morphologische Kasus-Differenzierung sprachabhängig!
Typische Systeme:
Kodierung der zentralen relationalen Primitive (Grammatische Relationen):
S | Subjective | Zentraler Aktant eines intransitiven Satzes |
A | Agentive | Zentraler, stark affizierender/effizierender Aktant eines transitiven Satzes |
O | Objective | Zentraler, stark affizierter/effizierter Aktant eines transitiven Satzes |
IO | Indirect Objective | Zentraler, stark indirekt affizierter Aktant |
IA | Indirect Agentive | Peripherer affizierender/effizierender Aktant (Instrumental) |
REL | Relator | Beziehungsanzeiger in Possessor-Possessum-Gefüge |
Paradigmata (Beispiel)
Akkusativisch | Ergativisch | Split I | Split II | |
S | NOM | ABS | NOM | ABS |
A | NOM | ERG | "ERG" | ERG |
O | ACC | ABS | ACC | "ACC" |
IO | DAT | DAT | DAT | DAT |
IA | INSTR | INSTR | INSTR | INSTR |
REL | GEN | GEN | GEN | GEN |
Synkretismus: Zusammenfall spezifischer morphologischer Markierungen:
E.g:
S | NOM | NOM | NOM/ACC | NOM |
A | ||||
O | ACC | DAT/ACC | ACC | |
IO | DAT | DAT | DAT/GEN | |
IA | INSTR | INSTR | INSTR | INSTR |
REL | GEN | GEN | GEN | DAT/GEN |
E.g:
S | ABS | ABS | ABS | ABS |
A | ERG | ERG | ERG/INSTR | ERG/INSTR/GEN |
O | ABS | ABS | ABS | ABS |
IO | DAT | DAT/GEN | DAT | DAT |
IA | INSTR | INSTR | INSTR/ERG | INSTR |
REL | GEN | GEN/DAT | GEN | GEN/ERG/INSTR |
Lokalisierungskasus:
a. Vier basale Typen der Zugangsart ('Kasus') zu einem 'Ort' (landmark):
1. Essiv (Zustand) | [ESS] | Der Ball ist im Tor. |
2. Lativ (Bewegung) | ||
2a. Allativ (hin zu) | [ALL] | Der Ball rollt ins Tor. |
2b. Ablativ (weg von) | [ABL] | Der Ball rollt aus dem Tor. |
2c. Translativ (durch) | [TRANS] | Der Ball rollt durch das Tor. |
b. Spezifikation des 'Ortes' ('Serien'):
'in' | IN |
'auf' | SUPER |
'über' | SUPRA |
'unter' | SUB |
'unterhalb' | INFRA |
'vor' | ANTE |
'an' | AD |
'hinter' | POST |
'neben' | IUXTA |
'zwischen' | INTER |
Prinzipiell verbinden sich Kasus immer mit Serien (gewöhnlich Kasus vor Serie, wenn Suffix-agglutinierend und Serie-Kasus, wenn Präfix-agglutinierend).
Hier als Beispiel Suffix-agglutinierend (Morpheme nur symbolisch angezeigt):
KASUS | SERIEN | |||||||||||
IN | SUPER | SUPRA | SUB | INFRA | ANTE | AD | POST | IUXTA | INTER | |||
-q- | -r- | -s- | -t- | -u- | -v- | -w- | -x- | -y- | -z- | |||
ESS | -a | -q-a | -r-a | -s-a | -t-a | -u-a | -v-a | -w-a | -x-a | -y-a | -z-a | |
ALL | -b | -q-b | -r-b | -s-b | -t-b | -u-b | -v-b | -w-b | -x-b | -y-b | -z-b | |
ABL | -c | -q-c | -r-c | -s-c | -t-c | -u-c | -v-c | -w-c | -x-c | -y-c | -z-c | |
TRANS | -d | -q-d | -r-d | -s-d | -t-d | -u-d | -v-d | -w-d | -x-d | -y-d | -z-d |
Etwa: ℜ-r-c = von über ℜ
ℜ-w-b = an ℜ heran
ℜ-x-d = hinter ℜ vorbei / hinten durch ℜ hindurch usw.
Beispiel: Lokalisierung im Aghul (Ostkaukasisch → Lezgisch → Ostsamur)
AD | ANTE | POST | SUB | SUPER | SUPRA | IN | INTER | ||
-w | -h | -q | -k: | -k | -l | -’ | -ğˁ | ||
ESS | -Ø | -f | -h | -q | -k: | -k | -l | -’ | -ğˁ |
ALL | -di | -f-di | -h-di | -q-di | -k:-di | -k-di | -l-di | -’-di | -ğˁ-di |
ABL | -as | -f-as | -h-as | -q-as | -k:-as | -k-as | -l-as | -’-as | -ğˁ-as |
a.
ħur-i-q-di
village-SA-POST-ALL
‘Towards behind the village’
b.
ħur-i-’-as
village-SA-IN-ABL
‘From inside the village’
c.
ħur-i-h-Ø
village-SA-ANTE-ESS
‘In front of the village’ [SA = Stamm-Augment]
NOTA: Das vollständige Paradigma von lokalen Kasus-Serien-Verfahren ist selten rein morphologisch kodiert, vgl. das konstruktionelle Paradigma des Deutschen:
IN | SUPER | SUPRA | SUB | |
ESS | in + DAT | auf + DAT | über + DAT | unter + DAT |
ALL | in + ACC | auf + ACC | über + ACC | unter + ACC |
ABL | aus + DAT | von auf + DAT | von über + DAT | von unter + DAT |
TRANS | durch…hindurch | über + ACC hinweg | über + ACC hinweg | unter + ACC hindurch |
INFRA | ANTE | AD | POST | |
ESS | unterhalb + GEN | vor + DAT | an + DAT | hinter + DAT |
ALL | unterhalb + GEN + hin | vor + ACC | an + ACC | hinter + ACC |
ABL | von unterhalb + GEN | von vor + DAT | von an + DAT | von hinter + DAT (hervor) |
TRANS | unterhalb + GEN hindurch | vor + DAT vorbei | an + DAT vorbei | hinter + DAT vorbei |
AD [-cnt]1 | IUXTA | INTER | |
ESS | bei + DAT | neben + DAT | zwischen + DAT |
ALL | ---- | neben + ACC | zwischen + ACC |
ABL | ---- | von neben + DAT | von zwischen + DAT |
TRANS | ---- | neben + DAT vorbei | zwischen + DAT hindurch |
→ Die relational-lokalen Kasus-Markierungen des Deutschen:
ESS | Ø | + | DAT |
ALL | Ø | + | ACC |
ABL | von/aus | + | DAT |
TRANS | durch/... | + | ACC |
Affinitäten zwischen Lokalkasus und 'relationalen Kasus', zum Beispiel
DAT ← ESS / ALL
ACC ← ALL
GEN ← ABL
ERG ← INSTR / ← GEN/ABL / ← ESSIV etc.
Vgl. Deutsch:
DATIV ~ ESSIV:
AKKUSATIV ~ ALLATIV
GENITIV (analytisch) ~ ABLATIV ~ PATITIV (~ AGENTIV)
Ein Verb (oder eine Verbalphrase) wird morphologisch hin zu anderen Konstituenten eines Satz verzerrt:
X + VP | |
→ | X + VP+MX |
Agreement: Der 'gebende' Bereich sind die Nominalphrasen eines Satzes und die darin repräsentierte Referenz (ℜ).
Systematik:
Geber | Nehmer | |
CASE | RELATOR (VP) | REFERENZ (NP) |
AGR | REFERENZ (NP) | RELATOR (VP) |
In Bezug auf die basale Struktur einer Ereignisvorstellung gilt maximal:
[Schmetterling der Morphosyntax, hier: 4-Flügler]
Etwa: Sumerisch (Satzmodell):
gud-e | saĝ-Ø | i-b-zìg-Ø |
ox-A:ERG | head-O:ABS | PV-3SG:nHum:A-raise-3Sg:O |
Wortstellung angepasst:
Modifziertes Antipassiv (sog. Marû) / Wortstellung angepasst:
gud-e | saĝ-Ø | i-b-zizi-e |
ox-A:ERG | head-O:ABS | PV-3SG:nHum:O-raise-3Sg:A |
[Vgl. ausführlicher: Wolfgang Schulze & Walther Sallaberger 2007. Grammatische Relationen im Sumerischen . Zeitschrift für Assyriologie 2007 (97):163-214.]
→ AGR-Morpheme sind also 'referentielle Echos' an/in der Verbalphrase.
In der Regel kodieren AGR-Morpheme kategorielle Eigenschaften von Referenten (Ausnahme vor allem: Personalpronomina, s.u.).
Also:
Etwa: Tschetschenisch (Ostkaukasisch):
stag | w-ilxi-na |
man(I):ABS | I-weep-PAST:INFER |
Doppeltes AGR:
Etwa:
[Vgl. obiges Beispiel aus dem Sumerischen]
NOTA: Mit Agreement können (oft) Exporte von Verb-Eigenschaften (Kasus) ins Verb re-importiert werden:
Etwa:
Etwa:
[Der Mann] | [schläf-t] | ||
KAT: | 3:SG:NOM | AGR: | 3:SG:NOM |
Basale Kategorisierungsverfahren:
1. Genus/Klasse (vgl. Abschnitt 8)
2. Numerus (vgl. Abschnitt 8)
3. Person
Zur Paradigmatik der Person:
[Vgl. ausführlich Michael Cysouw 2003. The Paradigmatic Structure of Person Marking. (Oxford Studies in Typology and Linguistic Theory). Oxford: Oxford University Press]
[SAP = Speech Act Participant]
Paradigma öfters weiter subkategorisiert, d.h. mit anderen KAT-Verfahren gekreuzt, e.g.
PERSON | +GENUS/KLASSE | +RESPEKT | |
EGO | 1 | ||
TU [MALE] | 2 | M | |
TU [FEMALE] | 2 | F | |
TU [MALE/HONOR] | 2 | M | HON |
TU [FEMALE/HONOR] | 2 | F | HON |
IS [MALE] | 3 | M | |
IS [FEMALE] | 3 | F | |
IS [nHUMAN] | 3 | N | |
IS [General] | 3 | INDEF |
Dabei ist AGR oft kategoriell reduziert gegenüber ℜ oder deren pronominaler Repräsentation, vgl.
Auch umgekehrt, etwa Tabasaran (Ostkaukasisch), vgl. Wolfgang Schulze 2000. Towards a Typology of the Accusative Ergative Continuum - The Case of East Caucasian. General Linguistics 37 (2000): 71-155.
Typischste kategorielle Kreuzung: Person + Numerus, etwa:
SG | DU | PL (Group) |
1 | 1+2 | 1+(2+2…) |
1+3 | 1+(3+3….) | |
1+2~3 | 1+(2+2…~ 3+3…) | |
2 | 2+2 | 2+2+2…. |
3 | 3+3 | 3+3+3… |
Vereinheitlicht:
SG | DU | PL (Group) |
1Sg | 1Du (inkl.) | 1Pl (inkl.) |
1Du (exkl.) | 1Pl (exkl.) | |
1Du | 1Pl | |
2Sg | 2Du | 2Pl |
3Sg | 3Du | 3Pl |
NOTA: AGR oft gekoppelt mit Kontext-bedingtem TIME/ASPECT/MOOD-Verfahren, s.u. für TIME.
Re-Import von Kasus vgl. Navajo (Athapaska)
SG | DU/PL | |||
'NOM' | 'ACC' | 'NOM' | 'ACC' | |
1 | -sh- | shi- | -iid- | -nihi |
2 | ni- | ni- | -oh- | -nihi |
3nFo | -Ø- | bi- | -Ø- | bi- |
3cFo | -Ø- | yi- | -Ø- | yi- |
3h | -ji- | ha- ~ ho- | -ji- | ha- ~ ho- |
3i | 'a- | 'a- | 'a- | 'a- |
Ähnlich: Dakota (Sioux)
SG | DU | PL | ||||
Agentive | Non-Agentive | Agentive | Non-Agentive | Agentive | Non-Agentive | |
(SA = A) | (SO = O) | (SA = A) | (SO = O) | (SA = A) | (SO = O) | |
1 | wa-, -čʰi- mit 1>2 | ma- | ų- | ų-…-pi | ||
2 | ya- | ni-, -čʰi- mit 1>2 | ya-…-pi | ni-…-pi |